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Recensione: MARTIN LUTERO, Opere scelte

 
 
 
Foto Stamm Heinz-Meinolf , Recensione: MARTIN LUTERO, Opere scelte, in Antonianum, 80/1 (2005) p. 192-195 .

Seit Jahren bemüht sich der Verlag Claudiana, die wichtigsten Schriften Luthers in italienischer Übersetzung herauszugeben. Bisher konnten folgende Schriften der interessierten italienischen Leserschaft übergeben werden: Ein Sermon von dem Neuen Testament, das ist von der heiligen Messe (von 1520), Responsio M. Lutheri zu Ad librum ... Ambrosii Catharini (von 1521), Vom Missbrauch der Messe (von 1521), Passional Christi und Antichristi (von 1521), De instituendis ministris ecclesiae ad senatum Pragensem Bohemiae (von 1523), Dass Eltern die Kinder zur Ehe nicht zwingen ... sollen (von 1524), De servo arbitrio (von 1525), Wider die himmlischen Propheten (von 1525), Der Kleine Katechismus (von 1529), Deutsch Katechismus [= Der Große Katechismus] (von 1529), Predigt, dass man Kinder zur Schule halten solle (von 1530), Von der Winkelmesse und Pfaffenweihe (von 1533), Die Schmalkaldischen Artikel (von 1536, gedruckt 1538), Auslegung des Glaubens ... von den drei Artikeln (von 1537). Dieser Reihe fügt sich nun mit der hier vorliegenden Schrift ein weiteres Spätwerk Luthers an: Von den Conciliis und Kirchen (von 1539).

In seiner ausführlichen Einführung (S. 9-68) sucht der Übersetzer  und Herausgeber Giuseppe Ferrari zunächst das Werk in seinen historischen Rahmen einzuordnen. 1520 erhob Luther in seiner Schrift An den christlichen Adel deutscher Nation zum ersten Mal die Forderung nach einem allgemeinen Konzil, um die Missstände in der Kirche zu beseitigen. Gut ein Jahrzehnt später, im Jahre 1532, erklärte sich Papst Klemens VII. nach einem Treffen mit Kaiser Karl V. in Bologna bereit, ein allgemeines Konzil einzuberufen. Er sandte Bischof Ugo Rangoni als Legaten nach Deutschland, um die Zustimmung der deutschen Fürsten zu gewinnen. In der ihm mitgegebenen Instruktion hieß es, dass das Konzil «frei und gemäß dem gewohnten Brauch der Kirche» durchgeführt werden solle. Diese Formulierung erweckte bei den evangelisch gesinnten Fürsten sogleich Argwohn. Zwar stimmte man grundsätzlich dem Konzil zu, fürchtete aber eine absolute Unterwerfung des Konzils unter den Willen des Papstes. Das bewegte Klemens VII. dazu, im März 1534 das Konzil auf «bessere und ruhigere Zeiten» zu verschieben. Luther reagierte wenig später darauf mit der Schrift Ausschreibung eines christlichen Konzils.

Nach dem Tode Klemens' VII. im September 1534 sprach sich sein Nachfolger Paul III. bereits im Konklave für die Einberufung des allgemeinen Konzils aus. Anfang 1535 sandte er Legaten nach Spanien, Frankreich und Deutschland, um mit den kirchlichen und weltlichen Machthabern die Angelegenheit zu besprechen. Am 2. Juni 1536 berief er das Konzil zum 23. Mai 1537 nach Mantua ein. Doch erneut ergaben sich große Hindernisse. Der Herzog von Mantua Federigo Gonzaga sah sich außerstande, die Verantwortung für die Sicherheit der Konzilsteilnehmer zu übernehmen. Er verlangte vom Papst ein Kontingent von 1.500 Infanteristen und 100 Kavalleristen, was dieser jedoch mit dem Hinweis zurückwies, dass dadurch der Eindruck erweckt würde, man wolle die evangelische Seite einschüchtern. Am 20. April 1537 verschob der Papst das Konzil zunächst auf den 1. November 1537 und verlegte es dann auf den 1. Mai 1538 nach Vicenza. Aber auch dieser Versuch stieß auf unüberwindliche Schwierigkeiten. Die protestantische Seite lehnte in zunehmendem Maße das Konzil ab und verweigerte die Teilnahme. Deshalb sagte der Papst wenige Tage vor Beginn des Konzils, am 25. April 1538, kurzerhand die Versammlung ab und vertagte sie auf unbestimmte Zeit. Diese Ereignisse veranlassten Luther zu der Schrift Von den Conciliis und Kirchen.

Luther teilt seine Schrift in drei Teile ein. Im ersten Teil (S. 71-149) weist er falsche Vorstellungen und Erwartungen von einem allgemeinen Konzil zurück. Die Konzilien können nie die ganze Wahrheit enthalten, ja sie sind sogar sehr zeitbedingt und widersprechen sich deshalb nicht selten: «Erstlich ist das offenbar, wie die Concilia nicht allein vngleich, sondern auch wol widernander sind... Solten wir sie nu zusammen bringen wollen, da wu[e]rde gar viel ein gro[e]sser zanck vnd Disputation sich erheben, weder [= als] jtzt ist, daraus wir nimer mehr ku[e]ndten komen». Das einzige wirkliche und volle Fundament des Glaubens ist die Heilige Schrift: «Vnd summa: thu sie alle zusamen, beide Veter vnd Concilia, so kanstu doch nicht die gantze Lere Christlichen glaubens aus jnen klauben, ob du ewig dran klaubst. Vnd wo die Heilige Schrifft nicht gethan vnd gehalten hette, were die Kirche der Concilij vnd Veter halben nicht lange blieben».

Der zweite Teil (S. 151-302) ist das Hauptstück der Schrift. Luther fragt nach dem wahren Sinn eines Konzils: «Hie wird nu die heubt frage sein, darumb ich dis bu[e]chlin schreibe: Was ist denn nu ein Concilium odder was ist sein werck?». Er antwortet mit zehn Thesen: «Darumb wil ich meine meinung hie sagen vnd auff die heubtfrage antworten also: Das ein Concilium habe, Erstlich, keine macht, newe Artickel des glaubens zu stellen, vnangesehen [= ohne Rücksicht darauf], das der Heilige Geist drinnen ist... Zum andern hat ein Concilium macht vnd ists auch schuldig zu thun, newe Artickel des glaubens zu dempfen vnd verdamnen nach der heiligen Schrifft vnd altem glauben... Zum dritten hat ein Concilium keine macht, newe gute werck zu gebieten... Zum vierden hat ein Concilium macht, ists auch schuldig zu thun, das es bo(e)se werck, so der liebe widerstreben, verdamne nach der heiligen Schrifft vnd alter weise der Kirchen vnd die Personen straffe... Zum fu[e]nfften hat ein Concilium nicht macht, newe Ceremonien den Christen auff zu legen, bey einer tod sunde oder bey fahr [= Gefahr] des gewissens zu halten... Zum sechsten hat ein Concilium macht vnd ists schu[e]ldig zu thun, solche Ceremonien nach der Schrifft zu verdamnen... Zum siebenden hat ein Concilium nicht macht, sich in weltliche Recht vnd Regiment zu mengen... Zum achten hat ein Concilium macht vnd ist schuldig, solche furgenomene [= willkürliche] weise oder newe rechte zu verdamnen nach der heiligen Schrifft... Zum neunden Hat ein Concilium nicht macht, solche statut oder Decret zu machen, die lauter nichts mehr suchen denn Tyranney... Zum zehenden hat ein Concilium macht, etliche Ceremonie zu setzen, mit solchem vnterscheid, Erstlich das sie nicht der Bisschouw Tyranney stercken, Zum andern das sie dem Volck von no[e]ten vnd nu[e]tzlich seien».

Im dritten Teil (S. 303-371) handelt Luther von der Kirche. In sieben Thesen zeigt er auf, woran Gottes Volk zu erkennen ist: «Erstlich ist dis Christlich heilig Volck dabey zu erkennen, wo es hat das heilige Gotteswort... Zum andern kennet man Gottes Volck oder das Christlich heilig Volck an dem heiligen Sacrament der Tauffe, wo es recht nach Christus ordnung geleret, gegleubt vnd gebraucht wird... Zum dritten kennet man Gottes Volck oder ein Christlich heilig Volck an dem heiligen Sacrament des Altars, wo es recht nach Christus einsetzung gereicht, gegleubt vnd empfangen wird... Zum vierden kennt man das Gottes volck oder heilige Christen an den schlu[e]sseln, die sie o[e]ffentlich brauchen, das ist, wie Christus Matthej .18. setzt. Wo ein Christ sundigt, das der selbige solle gestraffet werden. Vnd so er sich nicht bessert, sol er gebunden [= durch den Bann] vnd verstossen werden. Bessert er sich, so sol er los gesprochen werden. Das sind die schlu[e]ssel... Zum fu[e]nfften kennet man die Kirche eusserlich da bey, das sie Kirchen diener weihet oder berufft oder empter hat, die sie bestellen sol. Denn man mus Bisschoue, Pfarrher oder Prediger haben, die o[e]ffentlich vnd sonderlich die obgenanten vier stu[e]ck odder heilthum geben, reichen vnd vben, von wegen vnd im namen der Kirchen, viel mehr aber aus einsetzung Christi, wie S[ankt] Paulus Ephe .4. sagt... Zum sechsten erkennet man eusserlich das heilige Christliche Volck am gebet, Gott loben vnd dancken o[e]ffentlich... Zum siebenden erkennet man eusserlich das heilige Christliche Volck bey dem Heilthum des heiligen Creutzes».

Es war nicht einfach, den frühneuhochdeutschen Text ins Italienische zu übertragen. Häufig wird deshalb der Originaltext in der Fußnote hinzugefügt. Sechzig ganzseitige Buchillustrationen aus Drucken des 16. Jhs., die in eigenen Kommentaren (S. 373-382) noch ausführlich erläutert werden, lassen die spannungsreiche Situation der damaligen Zeit lebendig werden. Register der Namen (S. 383-389), der Orte (S. 391-393), der Bibelzitate (S. 395-398) und der Stichworte (S. 399-417) können bei einer speziellen Suche helfen. Der italienische Leser wird dem Übersetzer für seine Mühe sehr dankbar sein.



 
 
 
 
 
 
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