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Recensione: HEINZ SCHÜRMANN, Im Knechtsdienst Christi: zur weltpriesterlichen Existenz

 
 
 
Foto Stamm Heinz-Meinolf , Recensione: HEINZ SCHÜRMANN, Im Knechtsdienst Christi: zur weltpriesterlichen Existenz, in Antonianum, 75/1 (2000) p. 186-188 .

Am 11. Dezember 1999 verstarb Heinz Schürmann. Von 1953 bis 1978 hatte er am Phil.-Theol. Studium im Regional-Priesterseminar zu Erfurt den Lehrstuhl für Neutestamentliche Exegese inne. Während des II. Vaticanums war er Peritus, von 1965 bis 1969 Konsultor der Päpstlichen Bibelkommission und von 1969 bis 1984 Mitglied der Päpstlichen Theologenkommission. Mehrere Ehrendoktorate wurden ihm zuteil. 1996 verlieh ihm die Görres-Gesellschaft den Ehrenring. Zu seinem 85. Geburtstag am 18. Januar 1998 sowie zu seinem Diamantenen Priesterjubiläum am 2. April 1998 wurden seine exegetisch-theologischen, pastoralen und geistlichen Beiträge zu den biblischen Ursprüngen sowie zur Spiritualität und Praxis des weltpriesterlichen Dienstes gesammelt herausgebracht. Durch den Tod wurde dieses letzte Werk sein geistliches Testament: ein würdiges Testament.

Der Band umfasst 24 Artikel und Vorträge aus den Jahren 1941 bis 1998 in systematischer Form zusammengestellt. Hinführung: Die eschatologisch-alternative Lebensweise: zehn Thesen über den Geistlichen Räte-Zustand und den Kanonischen Räte-Stand (S. 14-17); I. Besinnungen: A. der ekklesiologische Ort des Presbyters: Die Geistlichen Gnadengaben in den paulinischen Gemeinden (S. 20-57); "... und Lehrer": die geistliche Eigenart des Lehrdienstes und sein Verhältnis zu anderen geistlichen Diensten im neutestamentlichen Zeitalter (S. 58-103); Das Testament des Paulus für die Kirche Apg 20,18-35 (S. 104-144); Christus als Lebensraum und als Lebensform: Grundlegung einer theologischen Ständelehre bei Paulus (S. 145-160); Kirche als offenes System (S. 161-179); Die (prophetisch-sakramentale) Zeichenhaftigkeit Geistlicher Aufbrüche und Bewegungen (unserer Tage) (S. 180-184); B. die (Innere) geistliche Gestalt: Rückblick auf den Ursprung (S. 185-188); Die zwei unterschiedlichen Berufungen, Dienste und Lebensweisen im einen Presbyterium (S. 189-205); Der Geistlich-Geistliche: Johann Michael Sailers Priesterbild (eine theologische Meditation) (S. 206-222); Der Verkündigungsauftrag heute: eine Primizpredigt (S. 223-228); Die Affinität des Diözesanpriesters und Weltpriesters zu den evangelischen Räten (S. 229-247); Weltpriestertum und Rätestand: quaestiones disputandae (S. 248-255); II. Anregungen: A. Spiritualität: Die situative Bedeutung der evangelischen Räte (S. 258-270); Die apostolische Existenz im Bilde: Meditation über 2 Kor 2,14-16a (S. 271-279); Spirituelle Aspekte unseres Presbyterdienstes (S. 280-292); Gottes Wille im Tagewerk (S. 293-304); Die drei evangelischen Räte im Leben des Diözesanpriesters und Weltpriesters (S. 305-325); Ignatianische Exerzitien im Dienste weltpriesterlicher Spiritualität (S. 326-356); B. Pastoral: Direktorium für eine freiwillige Hausgemeinschaft und Wirkgemeinschaft von Weltgeistlichen und Diözesangeistlichen (S. 357-360); Die geistliche Mitte einer Gemeinde und ihr Spiritual (S. 361-367); Diözesanpriester als Weltpriester (S. 368-370); Der Dienst an der Einheit als Aufgabe der Presbyter (S. 371-382); Ausblick: Der Presbyter von morgen: ein utopischer Orientierungsversuch im Heute (S. 384-409). Eine umfangreiche Bibliographie zum priesterlichen Dienst (S. 410-419) rundet den Band ab.

Nur auf einige wenige Beiträge kann hier näher eingegangen werden. Im Artikel «Die Geistlichen Gnadengaben in den paulinischen Gemeinden» weist Schürmann darauf hin, dass Paulus in den Gemeinden des Neuen Bundes Phänomene entdeckt, die in all ihrer Unterschiedlichkeit und Unterscheidbarkeit doch viel Gemeinsames haben. Dieser Wille, das Gemeinsame komplex zu sehen, erscheint als das Chrakteristische der paulinischen Denkbemühung. In dieser Ganzheitssicht und diesem Willen liegt der Grund, warum Paulus sich auch nicht auf eine einheitliche Benennung festlegt. Paulus tastet sich mit unterschiedlichen Bezeichnungen an diese neuen und neuartigen Erscheinungen des Gemeindelebens heran, mit Namen, die diese Wirklichkeit mehr umschreiben als definieren. In 1 Kor 12,1 und 14,1 nennt er sie zunächst und grundlegend «Geistesgaben», offenbar weil es sich dabei je um «Manifestationen des Geistes» (1 Kor 12,7) handelt. «Wirkkräfte» heißen die Erscheinungen in 1 Kor 12,6, wohl weil Gott sich in ihnen machtvoll auswirkt: Denn «alles das bewirkt ein und derselbe Geist» (1 Kor 12,11). «Dienste« nennt Paulus besonders solche Leistungen, die fest umrissene und dauernde Aufgaben erfüllen. Besonders häufig spricht er von «Gnadengaben». Denn sie sind Auswirkungen einer gegebenen Gnade. Weil der Charakter des Gnadengeschenkes zu dieser Bezeichnung geführt hat, ist diese Benennung vielleicht in spezifischem Sinn zunächst auf die Phänomene übertragen worden, die als spezielle Charismen, als «gratiae gratis datae», besonders deutlich waren. Aber Paulus redet in 1 Kor 12,4 einleitend und ebendort in 12,31 abschließend so zusammenfassend, dass er hier allen gemeinten Erscheinungen diesen Namen zubilligen will. Ja, in einem fortentwickelten Sprachgebrauch kann dieser in 1 Tim 4,14 und 2 Tim 1,6 sogar von den durch die Handauflegung übertragenen Amtsgnaden gebraucht werden. Paulus sieht hinter den vier Benennungen und den mit ihnen gemeinten Sachverhalten einen Einheitspunkt, der auf einen gemeinsamen Ursprung und ein gemeinsames Ziel hinweist.

In der Studie «Das Testament des Paulus für die Kirche Apg 20,18-35» heißt es, dass Paulus, wenn nach einer Missionsrede vor Juden (Apg 13,16-41) und einer vor Heiden (17,22-31) an dritter Stelle eine vor Christen (20,18-35) folgt, die Christenheit noch als solche ansprechen und ihr sein Testament anvertrauen will. Der ganzen Kirche soll nach der Meinung des Lukas dieses Testament gelten. Die Rede zerfällt in zwei Hälften, von denen die erste sich stärker mit dem persönlichen Schicksal des Paulus in der Vergangenheit (V. 18-21) und in der Gegenwart (V. 22-24) befasst, die zweite Hälfte dann Mahnungen an die Presbyter zu «episkopaler» Wachsamkeit und Mühewaltung gibt (V. 25-31) und die geistliche Zukunft wie die Unterhaltsfrage der Amtsträger regelt (V. 32-35). Von der Treue zu dieser «vita paulina» erwartet Lukas die entscheidende Hilfe in den Wirren der nachapostolischen Zeit.

Auch die Untersuchung «Die drei evangelischen Räte im Leben des Diözesanpriesters und Weltpriesters» geht von Paulus aus. Seine «Hörigkeit», so wird ausgeführt, erfährt Paulus als ein inneres Muss vom Kyrios her: «Ein Zwang liegt auf mir, weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünden würde» (1 Kor 9,16). Der geistliche Gehorsam ist eine spezifische Form von Gehorsam: Er antwortet hörend und - «vom Geist gebunden» (Apg 10,22) - hörig da, wo der Geit des Herrn innergeschichtlich erfahrbar und anfordernd wird. Der geistliche Gehorsam benötigt keine äußere ordensähnliche Festlegung (durch Versprechen, Gelübde o.ä.). Er ist primär Gehorsam gegenüber dem «Geist, der weht, wo er will» und von dem man eben nicht «weiß, woher er kommt und wohin er geht» (Joh 3,8). Dem geistlichen Gehorsam eigen ist das «suscipe», ein für allemal. - Die altchristlichen Gemeinden verfügten über ein Depositum an freiwilligen Gaben, die wirtschaftliche Not der Gemeinde ausschlossen. Auch die heutige Kirche kennt noch dieses «depositum pietatis», und bis heute lebt der Presbyter letztlich von den Gaben der Gläubigen wie die Bedürftigen und Unterstützungsbedürftigen der Gemeinde.In Besitz lebend, wird der Presbyter also mehr als andere Christen nur besitzen dürfen, als besäße er nicht: «Wer kauft, als würde er nicht Eigentümer, wer sich die Welt zunutze macht, als nutze er sie nicht» (1 Kor 7,30-31). - Die von Jesus vorgestellte Ehelosigkeit «um der Basileia der Himmel willen« (Mt 19,12) wurde von den (nicht bereits verheirateten) nachösterlichen Aposteln und Propheten, jedenfalls von denen, die «es fassen» (Mt 19,11) konnten, wohl auch gelebt (1 Kor 7,8; 9,5). Die Ehelosigkeit kann nicht als wesensnotwendiges Konstitutivum der Presbyterberufung gefordert werden: Sie wurde es nicht in der Alten Kirche und wird es in den östlichen Schwesterkirchen grundsätzlich auch heute noch nicht. Jedoch rufen die extensiv ausgeweiteten bischöflichen Presbyterkollegien sowie alle missionarisch, pastoral oder martyrologisch intensiv anfordernden nach Presbytern, die ihre Diakonie pro-existent aus der Eingebundenheit der Doulos-Existenz heraus leisten. Deren totale «Hörigkeit» aber führt folgerichtig in die Armut der Ehelosigkeit.

Diese aus den Texten gewonnenen Gedanken müssen hier genügen. Dem Weltpriester hat Schürmann ein Testament hinterlassen, das mit exegetischer Schärfe aus den Tiefen des Neuen Testamentes, besonders aus den Briefen des Apostels Paulus, gewonnen wurde und so ein sicherer Begleiter auf dem Weg ins neue Jahrtausend darstellen kann. Der Herausgeber hat sich bemüht, die Form der Fußnoten zu vereinheitlichen, hier und da den Text dem heutigen Forschungsstand anzugleichen und alle wichtige Literatur zum Gesamtthema zusammenzustellen.



 
 
 
 
 
 
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