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Recensione: Francesco d'Ostiglio, Il diritto amministrativo della Chiesa

 
 
 
Foto Schoch Nikolaus , Recensione: Francesco d'Ostiglio, Il diritto amministrativo della Chiesa , in Antonianum, 71/1 (1996) p. 145-148 .

Dem Verwaltungsrecht, einem lange Zeit hindurch vernachlässigten Bereich der kanonischen Forschung, wurden in letzter Zeit mehrere ausführliche Handbü­cher gewidmet: z. B. E. Labandeira, « Tratado de derecho administrative canöni-co » (Pamplona, 2. AuFI. 1992) sowie der von verschiedenen Autoren erarbeitete Band Nr. 20 der Studi giuridici « La giustizia amministrativa nella Chiesa » (1991) und andere mehr.

Angesichts der Weite des Themas kann dennoch nicht behauptet werden, daß es aufgrund der Zahl der Publikationen bereits ausgeschöpft wurde. Es ist vielmehr festzustellen, daß seit der Einführung der zweiten Sektion der Apostolischen Signa­tur durch die Apostolische Konstitution « Regimini ecclesiae universae » von 1967 eine eigene Vewaltungsgerichtsbarkeit wenigstens auf höchster Ebene besteht, und diese Tatsache zu einer Vertiefung der Forschung über die Organisation der kirchlichen Verwaltung sowie über die Verwaltungsakte führ :. Ein weiterer Grund für das neu erwachte Interesse liegt in den zahlreichen Vei waltungsreformen seit dem zweiten Vatikanischen Konzil.

Diese geschichtliche Entwicklung in den vergangenen dreißig Jahren konnte der Autor des vorliegenden Bandes selbst aus nächster Nähe miterleben. 18 Jahre hindurch übte er verschiedene Funktionen am Gericht der Apostolischen Signatur aus, zuletzt als « promotor iustitiae » bis zu seiner Pensionierung. Die didaktischen Kenntnisse verdankt der Autor einer jahrelangen Lehrtätigkeit an verschiedenen theologischen Hochschulen. Die klare, präzise Art der Darstellung, unterstützt dur­ch zahlreiche Definitionen und Schemata erleichtert nicht nur den schnellen Über­blick, sondern ermöglicht außerdem ein besseres Verständnis und eine berifflich präzisere Arbeit.

Nachteilig wirkt dieses Bemühen um Klarheit nur dort, wo keine vollständige Klarheit und Eindeutigkeit gegeben ist. So wird es den Exegeten ein bißchen wundern, wenn der Autor einzelne Schriftzitate aus dem Zusammenhang löst und wie Canones einzeln für sich interpretiert: « Mir wurde alle Gewalt im Himmel und auf Erden verliehen.... » (Mt 28, 18; Joh 20, 21). In diesem Satz sieht d'Ostiglio die dreifache Gewalt Christi begründet: unfehlbarer Lehrer, oberster Priester und Souverän.

Es ist zweifellos ein lobenswertes Unterfangen, den Bezug der kirchlichen Normen zur Theologie, insbesondere die Konzilstexte und zur Hl. Schrift zu unter­streichen, doch sollte man vorsichtig sein, theologische und biblische Texte wie Rechtsnormen als einfache Beweismittel anzuwenden, ohne auf den Sprachstil, die Zeitgeschichte und den Textzusammenhang näher einzugehen. Die apodiktische Art könnte den Eindruck einer etwas vorschnellen Verwendung der Hl. Schrift ein­fach als eine Sammlung von Autoritätszitaten erwecken.

Es geht dabei nicht um den Inhalt der Aussagen des Autors, die zweifellos der katholischen Lehre entsprechen, sondern nur um die Art, d. h. die vielleicht zu vere­infachende und knappe Anwendung der hl. Schrift, welche man im Zeitalter der hi­storisch-kritischen und linguistischen Exegese nicht mehr gewohnt ist. Ap 5, 1-11 (Betrug des Hananias und der Saphira) wird als Beispiel für die Verhängung von Kirchenstrafen gesehen, obwohl es um ein Strafwunder geht. Das Bemühen des Autors um einfache und einprägsame Schemata kann für den juristischen Bereich sehr lobend hervorgehoben werden. Er füllt damit eine Lücke, die wir in zahlreichen anderen Handbüchern finden. Jedoch ist dieses Modell für theologische Exkurse weniger geeignet.

Das Inhaltsverzeichnis zeigt die Untergliederung des Stoffes bis in kleinste Unterabschnitte. Das Werk beginnt mit der theologischen und juristischen Darstel­lung der Gewalt in der Kirche im allgemeinen und behandelt dann die Weihe, Lehr und Regierungsgewalt. Der Bezug der drei Gewalten zur Rechtsordnung wird hergestellt. Der Begriff des kirchlichen Verwaltungsrechts, das kirchliche Amt und die Organisation der öffentlichen kirchlichen Verwaltung werden untersucht.

D'Ostiglio geht im ersten Teil ausführlich auf die römische Kurie und die sie zusammensetzenden Organismen Staatssekretariat, Kongregationen, Gerichtshöfe, Räte und Amter ein. Während der Autor den Teilkirchen und deren Struktur nur sechs Seiten widmet, werden die Ordensinstitute ausführlicher, d.h. immerhin auf zehn Seiten behandelt, was hervorzuheben ist, da die meisten Handbücher das Ver­waltungsrecht im Ordensbereich nicht berücksichtigen.

Im zweiten Teil erfolgt die Darlegung der Aktivität der öffentlichen Verwal­tung, d.h. die Erklärung des Verwaltungsaktes, indem der Autor einer sehr origi­nellen medizinischen Einteilung folgt: die Anatomie des Verwaltungsaktes, seine Physiologie, Pathologie und Therapie. Der dritte und letzte Teil des Buches be­schäftigt sich mit der Verwaltungsgerichtsbarkeit, d.h. mit den Mitteln zur Lösung von Konflikten, die aus Verwaltungsakten entstanden sind, wobei ein historischer und theologischer Vorspann nicht fehlt. Der Autor unterscheidet die Kontrolle der Verwaltungsakte « ex officio » (amtlich) und « su ricorso » (d.h. auf eine Bes­chwerde hin).

Nach einer kurzen Erläuterung des Subjekts der Verwaltungsbeschwerde und der Diskussion um die « pars resistens » wendet sich der Autor der zweiten Sektion der apostolischen Signatur zu, legt den Prozeß dar und unterscheidet drei Phasen: Vorlage des Rekurses, Entscheidung über desse Annahme und schließlich das Ur­teil über die Illegitimität des angefochtenen Verwaltungsaktes entsprechend der Artikel 96-125 der « normae speciales », welche Paul VI. am 23. März 1968 « ad experimentum » bestätigte, und welche bis heute in Geltung sind.

Zunächst muß der Beschwerdeführer innerhalb von dreißig Tagen seit der Mitteilung der Verfügung die Beschwerde einreichen, dann bestimmt er einen An­walt, der mit dem Anwalt der Gegenpartei innerhalb eines Monats zu einem Be­schluß über die Zulässigkeit des Verfahrens kommen muß. Beide Anwälte schrei­ben eine Stellungnahme, welche dem « Promotor iustitiae » für die Erarbeitung ei­nes « votum pro rei veritate » bezüglich der Zulässigkeit der Beschwerde vorgelegt wird. Das « votum » wird seinerseits den Anwälten zur schriftlichen Stellungnahme übergeben. Der Kongreß der Signatur entscheidet dann nach Anhörung des Beri­chts des « promotor iustitiae » über die Annahme oder die Ablehnung des Rekur­ses, sofern dieser nicht ausreichend fundiert erscheint.

Ist die Beschwerde angenommen, dann lädt der Sekretär der Signatur die An­wälte für die Festlegung des Streitpunktes vor. Es wird das « Summarium » erstellt, welches die Dokumente enthält, auf denen die Erörterung basiert. Es folgt die schriftliche Diskussion der Anwälte, die jeweils ihre Argumente « in iure » und « in facto » darlegen. Die abschließenden Verteidigungsschriften werden dann dem « promotor iustitiae » übersandt, der auf ihrer Grundlage sein « votum pro rei ve­ritate » erstellt, welches den Anwälten für abschließende Bemerkungen zugesandt wird, auf die der « promotor iustitiae » mit den « conclusiones » antwortet. Die Akten werden den Kardinälen für die Erarbeitung ihres Votums zugesandt. Es folgt die Sitzung des richtenden Kollegiums, welches eine Entscheidung fällt, gegen die nicht appelliert werden kann.

Wurde die Beschwerde erst gar nicht angenommen, d.h. abgelehnt, dann blei­bt gegen die Entscheidung des Kongresses der Rekurs an das richtende Kollegium offen, welches mit einem definitivem Dekret die Entscheidung des Kongresses be­stätigt oder reformiert.

Das richtende Kollegium besteht normalerweise aus fünf Kardinälen, in schwierigen Fällen aus allen Kardinälen, die zur Signatur gehören. Bei der Versam­mlung berichtet zunächst der Kardinal « ponens » über die Art des angefochtenen Verwaltungsaktes und faßt die Überlegungen von Seiten der rekurrierenden und der ablehnenden Partei zusammen. Dann präsentiert der « promotor iustitiae » in kurzen Worten sein Votum. Es ist jedoch Praxis, daß er dies bereits vorher tut, in­dem er an die Kardinäle sein schriftlich verfaßtes Votum verteilt.

Dann entscheidet das Kollegium ohne die Anwesenheit irgendeiner anderen Person durch geheime Abstimmung. Das Urteil des Kollegiums der « Signatura Apostolica » schafft « res iudicata » und läßt keinen Appell zu. Es bleibt nur der außerordentliche Rekurs an den Papst, die « querela nullitatis » oder die « restitu­tio in integrum », wie sie das ordentliche Streitverfahren in den cann. 1620-1627 bzw. 1645-1648 vorsieht. Das Urteil ist in bezug auf die Rechts- und die Sachlage motiviert und wird veröffentlicht. Eine Weigerung der Verwaltungsbehörde, ihre

Entscheidung dem Urteil entsprechend zu revidieren, bildet eine neue Verletzung des Gesetzes und ermöglicht einen neuen Rekurs.

Das Werk kann als sehr gelungen betrachtet und Studenten wie Lehrenden des kanonischen Rechts sowie allen in der Verwaltungspraxis tätigen Amtsträgern empfohlen werden. Es geht dem Autor um eine umfassende und einprägsame Dar­legung des gesamten Bereiches ohne auf viel diskutierte und nicht entschiedene Detailfragen einzugehen, die zwar den Wissenschaftler, jedoch weniger den Prakti­ker interessieren. In der ausführlichen Bibliographie werden Werke in englischer, französischer und deutscher Sprache vermißt. Praktisch sind der Index der synopti­schen Tafeln und das Stichwortverzeichnis am Ende des Buches. Auffällig und viel­leicht auch spezifisch für den Autor sind die zahlreichen graphisch gut gestalteten Zusammenfassungen sowie die schnelle Auffindbarkeit aller gesuchten Auskünfte durch die klare Gliederung und den übersichtlichen, nicht unnötig platzsparenden Druck. Diese und andere Besonderheiten verleihen dem Buch einen individuellen Charakter, der ihm einen dauerhaften Platz unter den Handbüchern sichern wird.



 
 
 
 
 
 
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