> > Schoch

:
Recensione: RICHARD PUZA - ABRAHAM PETER KUSTERMANN (Hrsg.), Synodalrecht und Synodalstrukturen. Konkretionen und Entwicklungen der «Synodalität» in der katholi¬schen Kirche

 
 
 
Foto Schoch Nikolaus , Recensione: RICHARD PUZA - ABRAHAM PETER KUSTERMANN (Hrsg.), Synodalrecht und Synodalstrukturen. Konkretionen und Entwicklungen der «Synodalität» in der katholi¬schen Kirche , in Antonianum, 71/4 (1996) p. 745-746 .

Der vorliegende Band enthält die Referate der fünften kirchenrechtlichen Ta­gung der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Kirchenrecht der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen, welche vom 2. bis 4. Dezember 1993 in Stuttgart unter dem Thema: «Synodale Strukturen - Synodales Recht. Mitwirkung in Recht und Leben der Kir­che» stattfand. Mit Ausnahme des Vortrags von Libero Gerosa «Rechtstheologi­sche Grundlagen der Synodalität in der Kirche. Einleitende Erwägungen» (publi­ziert in: W. Aymans - K. Th. Geringer (Hg.), Iuri canonico promovendo, Fest­schrift Heribert Schmitz, Regensburg 1994, 35-55), enthält der rezensierte Band alle Referate der Tagung.

Regina Speck präsentiert einen praxisnahen Erfahrungsbericht über das 1991-1992 in der Erzdiözese Freiburg abgehaltene Diözesanforum (13-30) als Beispiel einer nicht-kodikarischen Form synodaler Beratung. Weniger auf kanonistische denn auf praxisnahe und pastorale Weise werden die Gründe für die Wahl dieser Form sowie die Vorbereitung und der Ablauf der Synode einschließlich der nach­folgenden Umsetzung ihrer Beschlüsse dargelegt. Interessant ist die Wiedergabe der Abstimmungsergebnisse zu vieldiskutierten Themen, für die das Diözesan­forum keineswegs zuständig ist, wie dem priesterlichen Zölibat. Befürwortet wurde die Zulassung der «viri probati» (22-23).

Am umfassendsten ist der Beitrag des Tübinger Kirchenrechtlers Richard Puza zum Thema «Die Bischofssynode und die Zusammenschlüsse der Bischofs­konferenzen» (31-66). Es geht um die Entstehung der Bischofsynode als ein Organ, das bleibend die Kollegialität der Bischöfe ausdrückt sowie deren aktuelle Rege­lung durch den CIC von 1983, ihre Struktur, Arbeitsweise und Zusammensetzung. Der Autor bietet zudem einen Überblick über die seit 1967 abgehaltenen ordent­lichen, die außerordentlichen sowie die Spezialsynoden (40-41). Von Teilnehmern der Bischofssynode gemachte Verbesserungsvorschläge wie die Auswahl der Ver­handlungsgegenstände, die Zusammenstellung der Vorschläge, über die abge­stimmt werden muß, die Auswahl der Experten etc. (46-47) schließen den ersten Teil des Beitrags ab.

Anschließend werden die Zusammenschlüsse der Bischofskonferenzen darge­stellt. Im einzelnen wird auf den lateinamerikanischen Bischofsrat (CELAM) ein­gegangen, dessen Geschäftsordnung genauer analysiert wird, und den Rat der Eu­ropäischen Bischofskonferenzen, wobei der Autor abschließend den Wunsch eines entscheidenden Stimmrechts für Laien und Kleriker, also Nichtbischöfe, bei den kontinentalen Bischofsversammlungen fordert (66).

Der Beitrag von Carl Gerold Fürst über «Die Synoden im neuen orientali­schen Kirchenrecht» (67-85), begleitet von einem ausführlichen und auf den neu­esten Stand gebrachten Literaturverzeichnis, zeichnet sich durch klaren Aufbau und Vollständigkeit der Quellen und Literaturangaben sowie unpolemische und ka­nonistische Sprache aus. Fürst warnt vor einer unkritischen Anführung der synoda­len Struktur der orientalischen Kirchen als Vorbild einer wünschenswerten demo

kratischeren Struktur der lateinischen Kirche. Die katholische Gesamtkirche exi­stiert als «communio Ecclesiarum» von Kirchen eigenen Rechts. Damit handelt es sich bei den orientalischen Synoden der Bischöfe um ein oberstes Leitungsorgan ei­ner solchen Kirche, während das Regionalkonzil, das Provinzialkonzil und die Bi­schofssynode unterhalb der Ebene der lateinischen Kirche als Kirche eigenen Rechts stehen.

Die Synode der Bischöfe einer orientalischen Kirche eigenen Rechts hingegen ist ein Organ dieser Kirche als solches ohne Analogon in der lateinischen Kirche. Zudem ist die unterschiedliche Struktur jeder einzelnen orientalischen Kirche selbst zu berücksichtigen. Anschließend legt der Autor die synodalen Organe der patriarchalen und großerzbischöflichen Kirchen, die einander in bezug auf ihre Struktur ähneln, und schließlich jene der metropolitanen Kirchen dar. Die übrigen Kirchen bestehen vielfach aus einer einzigen Eparchie oder Exarchie, und es fehlt ihnen die synodale Struktur in Hinblick auf den Jurisdiktionsbezirk als Kirche eige­nen Rechts.

Knut Walf, Professor für Kirchenrecht in Nijmwegen, widmet sich im letzten Beitrag dem Thema «Gemeinsame Bezugspunkte für synodale Strukturen und Rechte?» (87-100). Der Autor übertreibt zweifellos, wenn er behauptet, es sei ein beinahe aussichtsloses Unterfangen, nach dem Buch des Tübinger Kirchenrechtlers Johannes Neumann über das «Synodale Prinzip» aus dem Jahr 1973 noch etwas Neues zum Thema beizusteuern. Aufgrund des neuen Kodex, neuer Statuten der Bischofskonferenzen und anderer synodaler Organe sowie der Fülle der inzwischen erschienen Literatur kann die Forschung in diesem Bereich wohl nicht als abge­schlossen betrachtet werden.

Nach einer Begriffsklärung skizziert der Autor nach dem neuen CIC kurz sechs synodale Formen vom ökumenischen Konzil bis zum Pastoralrat der Pfarrge­meinde. Anschließend betrachtet er die Synoden der deutschsprachigen Länder während der siebziger Jahre (warum nicht auch der achtziger Jahre?) und widmet sich zuletzt der Frage nach dem kollegialen Akt durch den die Beschlüsse zustande kommen, wobei er als Literatur nur zwei Handbücher des römischen Rechts be­nützt, die zum can. 119 CIC 1983 erschienene umfangreiche Literatur jedoch un­berücksichtigt läßt. Weiters wird behauptet, daß es erst seit dem CIC von 1917 kein Selbstversammlungsrecht der Bischöfe im Falle eines Ökumenischen Konzils gibt (97). Die Frage wurde bereits nach den Konzilien von Konstanz und Basel eindeu­tig entschieden wie, um nur ein Beispiel zu nennen, die Apostolische Konstitution «Pastor aeternus» Leo's X. vom 19. Dezember 1516 zeigt (Codicis Iuris Canonici Fontes, cura P. Gasparri - I. Seredi, vol. 1,121). Es folgt noch eine Aufzählung der «Deformierungen» der synodalen und kollegialen Organe durch den obersten Ge­setzgeber der katholischen Kirche.

Der vorliegende Band bietet interessante Aspekte kanonistischer und prakti­scher Art zu kodikarischen und nicht-kodikarischen synodalen Strukturen der latei­nischen und der orientalischen Kirchen unter besonderer Berücksichtigung des deutschen Sprachraums. Die wissenschaftliche Qualität der einzelnen Beiträge ist jedoch sehr unterschiedlich. Häufig fehlen die Quellenangaben, was ein kritisches Überprüfen der Meinungen der Autoren erschwert. Einzelne sehr wertvolle Bei­träge verleihen dem Band jedoch seinen wissenschaftlichen Wert.