> > > Stamm Thursday 21 November 2024
 


 
 
 
 
Foto Stamm Heinz-Meinolf , Recensione: Gnade und Recht: Beiträge aus Ethik, Moraltheologie und Kirchenrecht: Festschrift für Gerhard Holotik zur Vollendung des 60. Lebensjahres , in Antonianum, 75/3 (2000) p. 589-591 .

Am 30. Oktober 1999 vollendete Offizial Prof. Dr. Gerhard Holotik das 60. Lebensjahr. Seit 1970 steht er im Dienste des kirchlichen Ehegerichts von Salzburg. 1983 wurde er Vizeoffizial und 1993 Vicarius iudicialis. Zudem hat er an der Theologischen Hochschule St. Pölten den Lehrstuhl für Moraltheologie inne. Zu seinem Jubiläum widmen ihm Freunde und Schüler eine umfangreiche Festschrift, die nach den Tätigkeitsschwerpunkten des Geehrten in zwei Teile geteilt ist: I. Beiträge aus Ethik und Moraltheologie; II. Beiträge aus dem Kirchenrecht.

Der I. Teil umfasst folgende Artikel: Bernhard Fraling, Theologie der Spiritualität und Moraltheologie: das Verhältnis zweier theologischer Disziplinen zueinander (S. 17-26); Karl Golser, Kann eine Ehe sterben?: eine dogmatische, kirchenrechtliche, moraltheologische und pastoraltheologische Anfrage (S. 27-37); Peter Inhoffen, Verstrickung in Schuld, Strukturen der Sünde, soziale Mechanismen: eine Wiederkehr der Kollektivschuld-These? (S. 39-67); Andreas Laun, Ausstieg - das Gebot der Stunde: Überlegungen zur aktuellen Diskussion in Deutschland (S. 69-75); Hans J. Münk, Streit um Tod und Sterben: Überlegungen zur ethischen Gehirntod-Diskussion im Kontext der Transplantationsmedizin (S. 77-99); Karl-Heinz  Peschke, Faktum des Klonens und Beginn des personalen Lebens (S. 101-113); Gunter Prüller-Jagenteufel, «Socialwohl» und «Socialgerechtigkeit»: zum Einfluss von Luigi Taparellis «Versuch eines auf Erfahrung begründeten Naturrechts» auf die katholische Sozialverkündigung (S. 115-128); Helmut Renöckl, Gentechnik - ethische Herausforderungen einer Hochtechnologie (S. 129-146); Alfons Riedl, Dialog - «Zeichen der Zeit»: ethische und ekklesiologische Aspekte (S. 147-170); Alfred Rinnerthaler, Organtransplantation - ethische Beurteilung und rechtliche Normierung (S. 171-206); Hans Rotter, Rechtswissenschaft und Moraltheologie (S. 207-216); Raimund Sagmeister, Grundwerte und Menschenwürde (S. 217-236); Herbert Schlögel, Gewissensentscheidung des Arztes unter dem Druck von Sparzwang und Patientenautonomie (S. 237-248); Andreas Michael Weiß, Anthropozentrik in der Defensive?: Anmerkungen zur Typologie umweltethischer Ansätze (S. 249-271); Alois Wolkinger, «Schon so alt und noch kein bisschen weise?»: Bemerkungen zur Spiritualität des Alterns (S. 273-290).

Der II. Teil enthält die folgenden Studien: Stephan Haering, Staatliche Beteiligung an der Besetzung kirchlicher Ämter: die aktuelle vertragliche Rechtslage für katholische Kirchenämter in den neuen Ländern der Bundesrepublik Deutschland und in Berlin (S. 293-328); Johann Hirnsperger, Das Lehrprüfungsverfahren bei der Kongregation für die Glaubenslehre: kirchenrechtliche Überlegungen zur neuesten Rechtsentwicklung (S. 329-343); Franz Kalde, Das Gerichtsiegel als Beglaubigungsmittel, mit Siegelbeispielen aus der österreichischen Gerichtsbarkeit (S. 345-360); Josef Kandler, Zur Verschwiegenheitspflicht des Zeugen im kirchlichen Eheprozess (S. 361-375); Elisabeth Kandler-Mayr, Die Ausbildung zum Ständigen Diakon in Salzburg im Licht der «Ratio fundamentalis» (S. 377-404); Severin Lederhilger, Die kirchenrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten von kooperativer Seelsorge in pastoralen «Notsituationen» (S. 405-437); Dominicus M. Meier, Recht(e) haben und Recht bekommen sind nicht dasselbe - Anmerkungen zum gegenwärtigen Rechtsschutz in der katholischen Kirche (S. 439-472); Hans Paarhammer, Johann Pramer und Jakob Haushaimer: zwei Salzburger Generalvikare und Offiziale am Vorabend der Reformation (S. 473-495), Helmuth Pree, Forum externum und forum internum: zu Sinn und Tragweite einer Unterscheidung (S. 497-512); Ernst Pucher, Veritati, id est saluti animarum: Betrachtungen über das Zusammenwirken der Unterinstanz und Oberinstanz Salzburg und Wien (S. 513-518); Markus Sattler, Die rechtliche Stellung des Subdiakons im Ostkirchenrecht (S. 519-528); Nikolaus Schöch, Die Eigenschaften der Person als Objekte des Irrtums oder der Bedingung (S. 529-559); Lorenz Wolf, Irrtum über die Zeugungsfähigkeit des Mannes als Ehenichtigkeitsgrund: Bemerkungen zu einem Urteil (S. 561-575). Ein Verzeichnis der Schriften Prof. Dr. Gerhard Holotiks (S. 577-580), der Mitarbeiter (S. 581-583) und der Abkürzungen (S. 585-591) sowie ein Register (S. 593-599) runden den Band ab.

Hans Rotter SJ, Professor für Moraltheologie und Gesellschaftslehre an der Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck sucht in seinem Beitrag Rechtswissenschaft und Moraltheologie die Moraltheologie von der Umklammerung durch die überstarke Kirchenrechtswissenschaft zu befreien und ihr nach der langen «Verrechtlichung» den ihr gebührenden eigenen Stand zurückzugeben. Bei ihr geht es nämlich nicht nur um einzelne Normen oder Akte, sondern grundlegender zunächst um Werte, die die Intention der Handlung bestimmen müssen und sich auch in größeren Lebenszusammenhängen als «Tugenden» darstellen. Das geht weit über das hinaus, was das Recht erfassen kann. Die «Verrechtlichung» zwängte die Moraltheologie in eine Kurzatmigkeit und Enge, die ihr ihre Überzeugungskraft raubte.

Stephan Haering OSB, Professor für Kirchenrecht an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Würzburg und Richter an den Offizialaten Würzburg und Salzburg, bietet in seinem Artikel Staatliche Beteiligung an der Besetzung kirchlicher Ämter zunächst einen detaillierten Überblick über die derzeitige Situation. Er kommt dann zu dem Schluss: «Die konkordatären Verträge der letzten Jahre mit Ländern des Untersuchungsgebietes haben das Recht der staatlichen Beteiligung an der Besetzung kirchlicher Ämter im allgemeinen eingeschränkt und auf eine geringere Zahl von betroffenen Ämtern begrenzt. In einzelnen Fällen aber haben sie sogar eine Ausweitung der staatlichen Beteiligung gebracht. So wird in den Verträgen mit Thüringen und Sachsen-Anhalt festgelegt, dass der zuständigen staatlichen Stelle bereits vor der Ernennung eines Weihbischofs oder eines Generalvikars Mitteilung über die beabsichtigte Bestellung und die Person des Kandidaten zu machen ist. Nach den entsprechenden Bestimmungen des Reichskonkordats bzw. des Preußischen Konkordats konnte sich die kirchliche Seite mit der Anzeige der erfolgten Bestellung begnügen».

Johann Hirnsperger, Professor für Kirchenrecht an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Graz, würdigt in seinen Ausführungen zum Lehrprüfungsverfahren bei der Kongregation für die Glaubenslehre die am 29.6.1997 erlassene neue Verfahrensordnung. Zwei Verfahrenswege sind zu unterscheiden: das ordentliche und das dringliche Lehrprüfungsverfahren. Das letztere kommt nur zur Anwendung, wenn schwerer Schaden für die Gläubigen droht bzw. bereits entstanden ist und die Lehrirrtümer offensichtlich sind und sicher feststehen. Die Grundausrichtung beider Verfahrenswege zielt auf den Schutz des Rechtes des Volkes Gottes auf getreue und vollständige Verkündigung des Evangeliums. Umgekehrt sollen aber auch die Rechte des Autors gewahrt werden. Deshalb wurden dessen Verteidigungsmöglichkeiten in beachtlicher Weise erweitert.

Severin Lederhilger OPraem, Offizial am Diözesangericht Linz sowie Professor für Kirchenrecht und Rektor der Katholisch-Theologischen Hochschule Linz, greift in seiner Untersuchung Die kirchenrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten von kooperativer Seelsorge in pastoralen «Notsituationen» die Frage nach der kirchenrechtlichen Identität von Priestern und Laien bei ihrer Zusammenarbeit in der Seelsorge auf. Sein Fazit: «Die ekklesiale Gestalt echter Communio-Theologie ist nur dort verwirklicht, wo das „Amt“ sowohl in seiner dogmatischen Schlüssigkeit und der Zuordnung zum sakramentalen Ordo klar gewahrt bleibt, wie anderseits aber auch eine hauptamtliche, nebenamtliche und ehrenamtliche Einbindung von Laien für den gemeindlichen Aufbau und pastoralen Dienst durch amtliche Sendung und Beauftragung zum Tragen kommt».

Nikolaus Schöch OFM, Professor für Sakramentenrecht an der Kirchenrechtlichen Fakultät des Pontificium Athenaeum Antonianum in Rom, Ehebandverteidiger an der Rota Romana und Mitglied der Kommission für die Dispens von den Verpflichtungen des Diakonates und Presbyterates bei der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentendisziplin, beschäftigt sich mit den Eigenschaften der Person als Objekte des Irrtums oder der Bedingung, d.h. mit der genauen Trennung des Eigenschaftsirrtums von der Bedingung. Im Falle des Irrtums bezüglich einer vorwiegend gesuchten Eigenschaft, wird ihre Existenz vorausgesetzt, sodass man nicht zweifelt, weil man ihr Fehlen gar nicht für möglich hält. Die Bedingung hingegen geht gerade vom Zweifel aus. Deshalb können die beiden Nichtigkeitsgründe des Eigenschaftsirrtums und der Bedingung nicht gleichzeitig gegeben sein, sie schließen sich gegenseitig aus.

Auch Lorenz Wolf, Offizial der Erzdiözese München und Freising, richtet sein Augenmerk auf den Eigenschaftsirrtum: Irrtum über die Zeugungsfähigkeit des Mannes als Ehenichtigkeitsgrund. Der Eigenschaftsirrtum läuft dann auf einen Personenirrtum hinaus, wenn eine Eigenschaft vor (prae) der Person selbst angestrebt wird, d.h. dass der Nupturient seinen Konsens direkt und hauptsächlich auf eine oder mehrere bestimmte Eigenschaften richtet und nur indirekt und untergeordnet auf die Person. Die Eigenschaft geht auf die Person über und spezifiziert sie, sodass durch die Intention des Nupturienten diese Eigenschaft zum substanziellen Konsensobjekt wird. Fehlt diese Eigenschaft, fällt notwendigerweise auch der Konsens in sich zusammen.

Diese Hinweise müssen genügen. Sie zeigen jedoch bereits deutlich, dass die Festschrift eine reichhaltige Fundgrube zu den aktuellen Fragen der Moraltheologie und des Kirchenrechts darstellt.

 

                       


 
 
 
 
 
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