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Revista Antonianum
Datos sobre la publicación

 
 
 
 
Foto Schoch Nikolaus , Recensione: M.F. Pompedda, Studi di diritto processuale canonico , in Antonianum, 71/1 (1996) p. 142-145 .

Es handelt sich bei diesem Buch um eine Sammlung von sieben Aufsätzen des derzeitigen Dekans der römischen Rota S. Exe. Mario F. Pompedda, welche in den Jahren zwischen 1983 und 1993 in verschiedenen Zeitschriften erschienen sind. Der einzige Aufsatz, der im Original auf Englisch verfaßt wurde, wird in italienischer Übersetzung abgedruckt. Die Reihenfolge entspricht nicht der Chronologie der Er­scheinungsjahre, sondern systematischen Grundsätzen.

Alle Aufsätze beschäftigen sich mit den grundlegenden Fragen des Eheprozes­ses. Es geht um die Rechtsprechung als Rechtsquelle, die Neuerungen des Kodex von 1983, die Abwesenheit einer Partei beim Ehenichtigkeits-Prozeß, den Gegen satz zwischen Legalismus und Nächstenliebe, den Begriff des kirchlichen Urteils, die Beweiskraft der Parteienaussagen und schließlich die « aequitas canonica ». Be­sondere Berücksichtigung findet, und das ist angesichts der verantwortungsvollen Stellung des Autors nicht verwunderlich, die neueste Rechtsprechung der römi­schen Rota.

Die hervorragende Qualität der Aufsätze spiegelt die reiche Erfahrung von S. Exz. Pompedda wieder. Seit nunmehr über 25 Jahren wirkt er an der römischen Rota und wurde nicht nur durch die Qualität seiner Urteile, sondern ebenso auf­grund der Qualität seiner zahlreichen Veröffentlichungen zum Ehe - und Prozeßrecht bekannt. Über Lehrerfahrung verfügt der Autor aufgrund seiner Tätigkeit als Leiter des « Studium rotale », d.h. bei den dreijährigen Kursen für den Titel eines Anwalts an der römischen Rota, welcher das Doktorat voraussetzt. Weiters wirkte er als Vortragender bei zahlreichen Kongressen des In - und Auslandes. Diese biographische Einführung mag überflüssig erscheinen, und dennoch ist sie nützlich, denn dieses Buch zeigt mit besonderer Deutlichkeit die Früchte aus einer so reichhaltigen Erfahrung, sodaß es dem Rezensenten schwer fällt, die Aussagen des Autors kritisch unter die Lupe zu nehmen.

Der Autor betrachtet das kirchliche Prozeßrecht als Mittel, zur das Feststel­lung der Wahrheit (der prozeßrechtlichen Wahrheit als Annäherung an die obje­ktive Wahrheit). Er sieht im kanonischen Prozeß nicht ein rein formalistisches Konzept des Rechts als solches. Dies veranlaßte ihn hin und wieder zu einer kon­struktiven Kritik an einigen Tendenzen der Rechtssprechung an der römischen Rota selbst. Diese Tendenz ist auch in manchen Aufsätzen wahrnehmbar, die der Autor jedoch nicht als offizielle Stellungsnahmen im Rahmen seiner Funktion als Dekan des berühmten Gerichts, sondern lediglich als Privatmeinungen verstanden wissen will.

Es ist im Rahmen einer Rezension unmöglich, alle behandelten Themen zu berücksichtigen, deshalb werden nur ein paar wichtige Punkte kurz angeschnitten. Die juristische Tradition der Kirche und die Normen des Kodex führen zu kei­nem kalten Legalismus, wenn sie von entsprechend klugen und gut ausgebildeten Experten angewandt werden, welche die Normen mit pastoralem Geist verlebendi­gen. Die Überzeugung des Subjekts kann in keiner Weise die moralische Gewißheit ersetzen, wenn sie sich nicht auf objektive Gründe stützt. Sind die objektiven Grün­de vorhanden, und können sie zu moralischer Gewißheit führen, dann ist nicht ein­zusehen, warum sie nicht auch « in foro externo » bewiesen werden können.

Die Überwindung des angeblichen Gegensatzes von subjektiver Überzeugung und objektiven Gründen kann vor allem auf drei Wegen erfolgen: 1. durch eine Neubesinnung auf die Bedeutung der moralischen Gewißheit; 2. durch eine größere Wertschätzung der Aussagen der Parteien, d.h. der Eheleute selbst; 3. durch die Verleihung der Beweiskraft aufgrund der Aussagen nur eines Zeugen. Die Beweiswürdigung steht im Rahmen der souveränen und autonomen Gewalt des Richterkollegiums, welches im Gewissen gebunden ist.

Dem Richter ruft der Dekan der Rota in Erinnerung, daß er « in foro exter­no » urteilen muß, welches stets den Anforderungen der moralischen Gewißheit und der Überprüfbarkeit unterliegt. Bei der Bewertung der Aussagen der Parteien ist Vorsicht geboten, und der Richter, der ohne moralische Sicherheit ein Nichtig­keitsurteil fällt, tritt in den Gott reservierten Bereich ein. In diesem Sinn ist die

Rotajudikatur zu bewerten, die den Aussagen der Parteien allein keine vollständige Beweiskraft zuerkennt.

In der Vergangenheit galten die Erklärungen der Parteien zugunsten der Nichtigkeit der Ehe bereits als solche verdächtig. Da aber gegenwärtig die Parteien meist bereits zivilrechtlich die Trennung oder die Scheidung erlangten und daher nur mehr an einer Regelung der Gewissensfrage interessiert sind, wer­den sie höher eingestuft, ohne daß man sie allein zur Erlangung der moralischen Gewißheit für ausreichend hält. Dies gilt selbst in dem Fall, da die Glaubwürdi­gkeit der Parteien außer Zweifel steht. Die größte Bedeutung im Beweisverfahren kommt den Parteien im Bereich von Furcht und Zwang sowie der Simulation zu.

Da vielfach der Ausdruck Geständnis die Bejahung eines durch die Partei selbst verursachten Nichtigkeitgsrundes bezeichnet, ist eine begriffliche Klärung angebracht. Nach can. 1535 gilt als Geständnis nur eine Aussage, welche eine Partei innerhalb oder außerhalb des Prozesses zu ihrem eigenen Nachteil (« contra se peracta ») macht. Sie legt ein Geständnis ab, wenn sie eine Tatsache bejaht, die für die eigene Absicht im Prozeß als klagende oder beklagte Partei gegen ihre eigenen Interessen spricht und je nach der Rolle der Partei für oder gegen die Nichtigkeit verwendet werden kann. Die größte Glaubwürdigkeit kommt dem außergerichtlichen Geständnis eines Partners aus unverdächtiger Zeit zu, sofern es von Zeugen wahrgenommen wurde.

Nach Pompedda legt der can. 1536 §2 zwei Prinzipien fest: 1. die Aussagen der Parteien können Beweiskraft haben; 2. einen vollständigen Beweis können sie nur dann erbringen, wenn sie von anderen Elementen ergänzt werden. Diese positivere Sicht der Parteienaussagen wendet der Autor auf den häufig vorgebrachten Fall an, daß jemand von der Nichtigkeit seiner Ehe überzeugt ist, sie aber « in foro exter-no » nicht beweisen zu können meint. Eine weitere Lösung von Problemen bei der Beweisführung stellt die Verleihung der vollen Beweiskraft an die Aussage eines einzigen Zeugen dar. Sie widerspricht dem traditionellen Grundsatz: « unus testis nullus testis ».

Der Richter muß seine persönliche Überzeugung in der Begründung des Ur­teils zum Ausdruck bringen. Damit haben wir auch einen objektiven Faktor. Ohne Motivation des Urteils würden wir uns im Bereich der absoluten Willkür bewegen. Die kurze Darlegung einzelner Aussagen des Autors zeigt die brennende Aktualität der behandelten Fragen, und das bedeutet, daß das Buch keineswegs nur für die Professionisten der kirchlichen Gerichte und der Lehrkanzeln von Bedeutung ist, sondern daß seine Lektüre auch für in der Pastoral tätige Personen sehr zu empfehlen ist, zumal der Dekan der Rota mit seinen Artikeln gerade die pastoralen Grundlagen der kirchlichen Prozeßnormen unterstreicht.

Dieses Buch zeigt auch, daß man sich bei aller notwendigen Offenheit, Barm­herzigkeit und Rücksichtnahme gegenüber den Geschiedenen und Wiederverhei­rateten auf die sehr unterschiedlichen Grade, die von schwerer Schuld bis zur voll­ständigen Unschuld an der Scheidung reichen, dennoch hüten muß, vorschnell so­genannte pastorale Lösungen zu empfehlen, die die Kultur und die Qualität der kirchlichen Verwaltung und Judikatur weiter untergraben und nur eine scheinbare Beruhigung des Gewissens ermöglichen. Zugleich zeigt der Autor die Elastizität der kirchlichen Normen, die jedoch nur von jenen genützt werden kann, die über eine entsprechende Ausbildung verfügen.

Bezeichnend ist in diesem Sinne, daß das Buch mit einem Artikel über die « aequitas canonica » schließt. « Aequitas canonica » bedeutet, daß sich die gesam­te kirchliche Rechtsordnung über die einzelnen Vorschriften hinaus in einer einzi­gen Norm zusammenfassen läßt. Diese höchste oder grundlegendste Norm wird vom letzten Kanon des Kodex ausgedrückt: « servata aequitate canomca et prae oculis habita salute animarum quae in Ecclesia suprema semper lex esse debet ». Die « aequitas canonica » bezeichnet die Art und Weise, in welcher die höchste Norm in ihrer Souveränität alle ihr untergeordneten Normen durchdringt.

Die « aequitas canonica » sichert die Anwendung der höchsten Norm in je­dem Fall, da alle Angaben und Vorschriften der untergeordneten Normen notwen­digerweise auf sie bezogen werden. So werden eventuelle Widersprüche überwun­den und die höchste Norm stets angewandt.

Es ist das Anliegen S. Exz. Pompedda, das Prozeßrecht nicht nur als theore­tische Konstruktion darzulegen, sondern auch in aller Deutlichkeit neben der wis­senschaftlichen Genauigkeit die Praktikabilität seiner Aussagen zu wahren. Er wen­det sich also keineswegs nur an die Professoren und Dozenten der Hochschulen, sondern ebenso an die Richter in den einzelnen Diözesen, denen aufgrund vieler anderer Beschäftigungen die Zeit fehlt, sich im Bereich der wissenschaftlichen Diskussion auf dem Laufenden zu halten.


 
 
 
 
 
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