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Foto Schoch Nikolaus , Recensione: Myriam Wijlens, Theology and Canon Law: the theories of Klaus Mòrsdorf and Eu¬genio Corecco , in Antonianum, 67/4 (1992) p. 544-548 .

Der am 17. 8. 1989 verstorbene Professor Klaus Mòrsdorf gehòrt sicherlich zu den bedeutendsten Kanonisten des 20. Jahrhunderts. Seine Uberlegungen zum Verhàltnis von Theologie und Kirchenrecht wurden vom protestantischen Juristen Rudolph Sohm angeregt, der einen unùberbriickbaren Kontrast zwischen dem geistlichen Wesen der Kirche und dem weltlichen des Rechts behauptete und die nex zwischen den Gedanken Mörsdorfs und denen Papst Johannes Pauls IL, der von der Autorin unterschätzt wird.

Nach der Schule der Autoren der Zeitschrift «Communio», der italienischen und der spanischen Schule geht Wijlens sodann zur Münchner Schule über, mit welcher sich ihre Arbeit ausführlich beschäftigt. Die Autorin unterscheidet bei dem Begründer der Schule, Mörsdorf, drei Stadien in seiner Grundlegung des Kirchenrechts: 1. Periode: Grundlegung im Naturrecht: «Ubi societas, ibi ius», die Kirche besteht also aus Menschen und jede menschliche Gemeinschaft bedarf einer Rechtsordnung. 2. Periode: Die Besonderheit des Kirchenrechts wird be­stimmt durch seine Funktion. 3. Periode: Die Begründung durch seine Funktion erscheint nicht mehr möglich, da die Funktion des Rechts von dessen Definition abhängt und deshalb die Kirche zunächst das Recht definieren muß, ausgehend von der Theologie.

Die Theologie führt Mörsdorf dann näherhin zur Kirche, die Heil vermittelt im Wort und im Sakrament. Beide, Wort und Sakrament haben einen juridischen Charakter. Der juridische Charakter des Wortes basiert auf der Sendung durch den Herrn, jener des Sakramentes auf der Einsetzung äußerer Zeichen durch den Herrn. Was durch das Wort begründet wird, wird im Sakrament sichtbar. Mör­sdorf bezieht die Einheit von Wort und Sakrament auf die Einheit von Weihe- und Jurisdiktionsgewalt. Wie Wort und Sakrament eins sind, so sind Weihe- und Juri­sdiktionsgewalt eins, man kann sie unterscheiden, jedoch nicht trennen. Die Kon­sequenzen der Ekklesiologie für die kanonistische Wissenschaft beschreibt Mör­sdorf jedoch nicht mehr.

Bei der Bewertung gibt die Autorin zu, daß die Idee der Bestimmung des Kirchenrechts von Seiten der Ekklesiologie viel Zustimmung unter den Kanoni-sten gefunden hat, sieht jedoch das Risiko, daß die Ekklesiologie zu einem System statischer Normen degenerieren kann.

Auch für Corecco erweist sich eine rein immanente Definition des Kirchen­rechts als Zweig der Rechtswissenschaft im allgemeinen als unzureichend. Wä­hrend Mörsdorf und der von der Autorin nur kurz in einem Exkurs behandelte Rouco Varela bei der Grundlegung des Kirchenrechts offen bleiben für den so­zialen Aspekt der Kirche, tritt Corecco hingegen für eine rein theologische Be­gründung des Kirchenrechts ein. Da das kanonische Recht ausschließlich im Glaubensgut gründet, leugnet er eine mögliche Analogie zwischen weltlichem und kanonischem Recht.

Dadurch, so Wijlens, werde die Möglichkeit einer Veränderung kanonischer Normen überhaupt in Frage gestellt. Theologie beschäftige sich mit der Kenntnis des Glaubens, nicht mit seinen Normen. Corecco gehe von der übernatürlichen «Communio-Struktur» der Kirche aus und vernachlässige damit den gesellscha­ftlichen Aspekt. Zwar vertrete Corecco die Ansicht, daß das kanonische Recht und die Theologie zwei verschiedene Wissenschaften seien, erkläre jedoch nicht, wie sie voneinander getrennt werden könnten.

Der zentrale Punkt der Arbeit Coreccos liegt in seiner «communio»-Theorie. Er gibt keine Definition des Begriffs «communio», sondern geht von der «Com­munio ecclesiarum» aus. Das kanonische Recht ist eine «ordinatio fidei» und steht damit im Gegensatz zur «ordinatio rationis». Das führt zu einer Umwälzung in der Vorgangsweise der kanonistischen Wissenschaft. Wenn Kanonistik eine rein theologische Wissenschaft ist, dann darf sie  sich nicht der juridischen, son

dem nur einer theologischen Methodologie bedienen. Corecco, so Wijlens Kritik hierzu, verabsäume es aber, zu definieren, was er unter juridischer bzw. theologi­scher Methode verstehe.

Die Autorin vergleicht die Meinungen Mörsdorfs und Coreccos anhand fol­gender zentraler Themen: die Natur des kanonischen Rechts, die Methode der kanonischen Wissenschaft, die philosophische Grundlegung, der Ausgangspunkt der beiden Theorien,' deren zentraler Gedanke, die sakramentale Grundlegung der Theorien, die hauptsächlich behandelten Themen und schließlich die von Mörsdorf und Corecco angewandte Methode. Natürlich werden die eben genan­nten Themen bei jedem der beiden Autoren verschieden formuliert und tragen deshalb unterschiedliche Untertitel.

Die Aussagen Mörsdorfs gliedert die Autorin in die Themen Kirchenrecht, «forum internum - forum externum», die kirchliche Gewalt, die Person in der Kir­che und die Laien. Bei Corecco werden noch die Themen der Kodifikation des kanonischen Rechtes und der Grundrechte hinzugefügt. Umgekehrt wird bei Co­recco nicht über die Trennung von «forum internum» und «forum externum» ge­sprochen.

Die bisher erschienenen Untersuchungen zu den Theorien der behandelten Autoren hält Wijlens für zu unkritisch. Der Hauptkritikpunkt Wijlens liegt in der Vernachlässigung der evolutiven Natur des kanonischen Rechtes, welche sich auf die ständig notwendige Anpassung der Normen an die Gegebenheiten bezieht. Die Entwicklung des Kirchenrechts durch das Gewohnheitsrecht werde über­haupt nicht berücksichtigt und bedürfe einer dringenden Analyse. Wijlens sieht in ihrer Arbeit also einen Anfang, der neue Fragen aufwirft, die eine weitere Unter­suchung verlangen. Sie erwähnt weiters die Verschiedenheit der Ekklesiologien in der Weltkirche, die es verhindern, den Begriff «Kirche» mit einem einzigen Kon­zept zu fassen. Damit, so behauptet Wijlens, ist eine Definition von «Kirche» un­möglich. Dem Kirchenrecht liegt folglich keine einheitliche Ekklesiologie zu Grunde. Es muß mit verschiedenen Konzepten arbeiten. Wie das möglich ist, be­darf weiterer Analysen.

Abschließend nun von unserer Seite einige Überlegungen zum Aufbau und zur Methodologie der Arbeit. Die Gliederung ist übersichtlich. Alle Titel sind knapp gehalten und ermöglichen einen schnellen Überblick, haben jedoch den Nachteil, daß sie zum Teil den Inhalt der Abschnitte nur ungenügend wiederge­ben.

Auffallend ist, daß jeder Abschnitt mit einer kurzen Zusammenfassung endet. Dies dient der Übersichtlichkeit, hat jedoch den Nachteil, daß das dritte Kapitel des zweiten Teiles und das fünfte Kapitel des dritten Teiles zu einer ge­wissen Monotonie neigen: z.B. «1.1 - The natural and supernatural foundation of canon law - 1.2 - Evaluation, 2.1 - Word and sacrament - 2.2 Evaluation» etc. Diese Vorgangsweise wiederholt sich hier sieben und im dritten Teil sogar zwölf mal! Zudem ist methodologisch noch anzumerken, daß der erste Teil nur ein Ka­pitel mit ganzen 24 Seiten enthält, die beiden anderen jedoch mehrere mit über »Seiten.

Wijlens legt in Tabellenform die verschiedenen Überzeugungen der beiden großen Kanonisten dar und erlaubt so einen schnellen, stichwortartigen Ver­gleich. Sie erweist sich als fähig, die in zahlreichen Artikeln und Büchern vorge­brachten  Gedanken  durch   streng  logische   Vorgangsweise   ausgezeichnet  zu   syn

thetisieren. Sie reflektiert dabei ständig über die angewandte Methode, sei es jene der behandelten Autoren, sei es ihre eigene.

In der Darlegung der Ansichten der beiden behandelten Kanonisten hält sich die Autorin genau an die Regel, nur aus deren eigenen Publikationen zu schö­pfen. Sie benützt, und das ist lobenswert, die Quellen in der Originalsprache. Erst im Schlußabschnitt eines jeden Teiles, bei der kritischen Bewertung, kommen an­dere Autoren zu Wort, deren Meinungen sie abzuwägen sucht.

Die Zitate werden im Text in englischer Übersetzung gebracht, doch besteht die Möglichkeit, diese anhand der Originalzitate in den Anmerkungen zu über­prüfen. Die Autorin bemüht sich um eine genaue Wiedergabe der fremdsprachi­gen Zitate, was auch darin zum Ausdruck kommt, daß sie fehlerfrei abgedruckt sind. Die ganze Arbeit zeichnet sich unter formalem Gesichtspunkt dadurch aus, daß Druckfehler fast überhaupt nicht vorkommen.

Wijlens erweist sich als außergewöhnlich sprachkundig, wie es die Benützung von Autoren aus dem deutschen, dem holländischen, dem englischen, dem fran­zösischen, dem spanischen und dem italienischen Sprachbereich zeigen. Zudem sei die leichte Lesbarkeit des flüssigen Stiles der Autorin neben der äußerst klaren und übersichtlichen graphischen Gestaltung hervorgehoben. Auf die ausführliche Bibliographie folgt noch ein Namensindex.

Es ist die sehr lobenswerte Intention der Autorin, dem englisch-sprachigen Raum eine ihm wenig bekannte Reihe von Publikationen zugänglich zu machen, die auf die Münchner kanonistische Schule zurückgehen. In ihrer Arbeit schuf sie alle Voraussetzungen, um ihrer Absicht zum Erfolg zu verhelfen. Aufgrund der Übersichtlichkeit und der methodischen Exaktheit sowie der Aktualität der Frage nach der theologischen Grundlegung des Kirchenrechts kann man der vorliegen­den Arbeit eine große Verbreitung wünschen.

 


 


 


 


 
 
 
 
 
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