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Rivista Antonianum
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Foto Stamm Heinz-Meinolf , Recensione: HUBERT PHILIPP WEBER, Sünde und Gnade bei Alexander von Haies: ein Beitrag zur Entwicklung der theologischen Anthropologie im Mittelalter, in Antonianum, 83/2 (2008) p. 341-343 .

Von den bekannten Daten zurückrechnend, kann man als Geburtsjahr Alexanders 1185 ansetzen. Als Geburtsort lässt sich mit einiger Sicherheit das kleine Dorf Haies in der Grafschaft Shropshire, heute Haiesowen in den Midlands in England ausmachen. Vor 1230 war er Kanoniker der Kirche St. Paul in London mit Ländereien in der Pfarrei St. Andreas de Holborn. Nach 1230 war er Kanoniker und Archidiakon von Coventry. Diese Funk­tionen gab er mit seinem Eintritt in den Minderbrüderorden im Jahre 1236 auf. Von 1200 bis zu seinem Tod 1245 gehörte er der Universität Paris an: zunächst als Student und Lehrer der freien Künste, dann als Student der Theologie und magister regens theologiae. Mit seinem Ordenseintritt brachte er seinen theologischen Lehrstuhl in den Orden ein. Die Entstehung von eigenen Ordensstudiengängen, die mit der Universität verbunden blieben, festigten weiterhin den Stand der Minderbrüder an der Universität von Pa­ris. Die wichtigsten Werke Alexanders sind seine Summa theologiae und die Quaestiones disputatae. Der Ehrentitel doctor irrefragibilis weist darauf hin, dass seine wissenschaftlichen Ausführungen allgemeine Beachtung fanden.

Die hier vorliegende Doktorarbeit der Universität Wien beleuchtet die Anthropologie Alexanders. Sie gliedert sich in drei Teile: I. Opus creationis -der Mensch als Geschöpf Gottes (S. 63-164); IL Der Mensch unter der Sünde (S. 165-266); III. Opus recreationis - der Mensch unter der Gnade (S. 267-381). Eine umfangreiche Literaturliste (S. 383-402) sowie ein Personenregister (S. 403-407) und ein Sachregister (S. 408-412) runden die Studie ab.

Nach dem Zeugnis der Hl. Schrift ist der Mensch nach dem Bild und Gleichnis Gottes erschaffen. Was ihn auszeichnet, ist die Seele, genau genom­men der höhere Teil der Vernunft, verstanden als menschliche Beschaffenheit (habitus). Das Bild liegt in den Vermögen der Seele, in den Seelenkräften: im Verstand, im Gedächtnis und im Willen. Es verwirklicht sich gnadenhaft in den Tugenden. Verstand, Gedächtnis und Wille finden in Glaube, Hoff­nung und Liebe ihre Entsprechung. Die theologischen Tugenden bringen die Hinordnung auf Gott mit sich. Die Wahl zwischen Gut und Böse ist ein Akt des freien Willens. Die Haltung (habitus), die ihr zugrunde liegt, ist die proheresis, die Entscheidungsfreiheit. Es gibt aber auch eine eingeborene Kraft (vis innata), die zum Guten treibt. Deren Haltung ist die synderesis, der Gewissensfunke.

Die Sündenfallerzählung beschreibt, wie die Sünde Macht über den Menschen gewonnen hat. Die erste Folge des Falles entspricht der ersten Auszeichnung des Standes der Unschuld, sie ist der Verlust der Unsterblich­keit. Die Seele geht ferner der besonderen Gaben verlustig, die das Leben im Stand der Unschuld angenehm und selig machen. Gegen die sieben Gaben (dona) stehen jetzt im Menschen Dummheit (stultitia), Gefühllosigkeit (he-betudo), Verirrung ins Verderben (praecipitatio), Furcht (timor), Unwissen­heit (ignorantia), Begehrlichkeit (concupiscentia), Hartherzigkeit (duritia), Hochmut (superbia). Gegen die vier Kardinaltugenden stehen Unwissenheit (ignorantia), Begehrlichkeit (concupiscentia), Boshaftigkeit (malitia), Feigheit (infirmitas). Die Sünde Adams wird allen Menschen angerechnet, weil er für alle Menschen vor Gott steht, ja mehr noch, weil seine Sünde wirklich die Sünde aller Menschen ist. Alexander zitiert Augustinus: „Adam hat nicht nur als Einzelperson gesündigt, sondern die Natur jedes beliebigen Menschen war in ihm. Und deshalb kann jene Sünde die Erbsünde heißen, weil sie einem jeden Menschen eigen und als solche zu verstehen ist."

Durch Eva kam die Sünde in die Welt, durch Christus die Erlösung. Als Vorbereitung auf Christi Empfängnis reinigt Gott die Jungfrau Maria vom Sündenzündstoff, der Strafe für die Erbsünde ist. Maria ist damit in jeder Hinsicht von Sünde rein. In ihr gibt es weder die Erbsünde noch die aktu­elle Sünde noch auch das Vermögen zu sündigen. Prinzipiell steht auch sie unter dem Makel der Erbsünde. Doch Gott hat sie gnadenhaft von Anfang an vor den Strafen der Erbsünde bewahrt. Das Leid ist der Weg, den Gott für die Erlösung ausersehen hat. Der Gottessohn kam in die Welt, um durch die Passion das Menschengeschlecht zu erlösen. Der Tod Christi ist Zeichen (signum), Vorausbild (figura) und Ursache (causa) der Erlösung, die als Tod der Sünde (mors peccati) zu charakterisieren ist. Das Heilsgeschehen besteht darin, dass Christus die Gläubigen in der Kirche als seinem Leib unter sich als Haupt sammelt und so die Gnade auf alle überströmen lässt. Die gratia capitis wird zu einem der Grundelemente franziskanischer Gnadenlehre. Der Beginn des guten Handelns entsteht aus der gratia illuminans, die die Kräfte im Menschen weckt. Damit der Mensch sich realisieren und vervollkomm­nen kann, bedarf er zusätzlich der gratia perficiens, die das Werk vollendet. Der Stand der Herrlichkeit ist der Inbegriff der christlichen Hoffnung, die Gottesschau (visio Dei) der Inbegriff der Seligkeit.

Weber hat ein Zentralthema, vielleicht sogar das eigentliche Zentralthe­ma des Alexander von Haies in einer großen Zusammenschau dargelegt. Ihm ist zuzustimmen, wenn er zum Schluss resümiert: ,Alexanders Theo­logie ist zunächst nicht franziskanische Theologie im engeren Sinn. Diese wesentliche Quelle steht nicht am Anfang seines Denkens... Sie ist eher präfranziskanische Theologie, eine Gestalt, die der Entwicklung der typisch franziskanischen Theologie vorausliegt. Mit einigem Recht kann Alexander als Gründer der franziskanischen Schule gelten, weil seine Theologie durch seine franziskanischen Schüler, vor allem durch die Summa, kommende Ge­nerationen geprägt hat" (S. 377).


 
 
 
 
 
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